Drollige Flaschen und kernige Silvaner: Das Bild der Weinbauregion im Norden Bayerns strotzt vor Archetypen, ein paar renommierten Winzern zum Trotz. Aber spätestens seit das Weingut Augustin 2011 vom Gault Millau zur Entdeckung des Jahres gekürt wurde, scheint sich dieses Bild zu ändern. Vor allem weil Franken diesen Achtungserfolg aktuell wiederholen kann: Das Weingut Alte Grafschaft ist die Entdeckung 2014. Auf Entdeckungsreise bei der Großen Frankenweinpräsentation in München (06.11.2013)
Die Frage scheint sich aufzudrängen: Ist Franken nach der (Süd-)Pfalz und Rheinhessen das nächste ‚große Ding‘ in der deutschen Weinszene? Die große Jahrgangspräsentation fränkischer Weine in München war ein ganz guter Anlass, diese These zu überprüfen. Und um es kurz zu machen: Das Niveau der Weine war erstaunlich hoch. Kann sein, dass es an der Auswahl der vierundvierzig vertretenen Weingüter lag. Aber unter allen Weinen die ich probieren konnte, war nur ein Ausreisser nach unten. Den Umgang mit Weinberg, Reben und Keller scheinen alle im Griff zu haben. Die Stilistik ihrer Hauptrebsorte – Silvaner – variieren Frankens Winzer mittlerweile ziemlich gekonnt. Daniel Sauer etwa hat seinem Silvaner Freiraum mit Kaltmazeration eine geschmackliche Tiefe und Fruchtigkeit gegeben, die diesen Wein einfach nur Spass machen lassen. Auch das sonstige Sortiment vom Weingut Rainer Sauer ist mehr als nur überzeugend. Die Silvaner Spätlese ‚L‘ 2012 ist extraktreich, mineralisch und mit kräftigem Körper für ein langes Leben gebaut. Ein Silvaner der nach Luft und großen Gläsern geradezu schreit. Lediglich den Silvaner Kabinett 2012 fand ich ein bißchen zu breit für diese Qualitätsstufe. Aber das verweise ich ausschliesslich in den Bereich ‚Ansichtssache‘.
Würzig-erdig, mit deutlicher Mineralität, dazu eine klare Fruchtnote zwischen Apfel und Birne. Eine Bank bei jedem Abendessen. Noch interessanter schien mir der Müller-Thurgau. Auch wenn Heerscharen von Weinenthusiasten über mich richten werden: ‚Der Müller‘ 2012ist einfach ein guter Wein. Würzig. kraftvoll und süffig. Einen Besseren aus der Rebsorte habe ich wohl noch nicht getrunken. Der Silvaner Spezial ‚S‘ überzeugte mit seinem verführerischen Schmelz. 20% der Trauben kommen aus dem Barrique, der Rest aus dem Edelstahl. In Kombination ergibt das einen schmeichelnden Langstreckenläufer, der mit geschlossenen Augen an einen Meursault denken lässt. Nicht von ungefähr kommt der Wein in Burgunderflaschen daher.
Einen kurzen Break brachten die Weingüter Fürst Löwenstein und Juliusspital. Löwenstein präsentierte einen Basissilvaner mit deutlicher Schwefelnote, der mir den Rest der Kollektion regelrecht vergällte. Und die wie ich finde ambitionierte Preisgestaltung des Hauses tat ein übriges. Das Juliusspital ist ähnlich bepreist, aber immerhin waren die Weine durch die Bank einwandfrei. Der Stein sogar groß, enorm mineralisch und lang. Aber das kann man vom Juliusspital ja auch erwarten.
leicht, ist frisch, mineralisch mit klaren Birnennoten, die Scheurebe aus gleichem Jahr hat die gerade so angesagten Stachelbeer/ Johannisbeer Aromen. Die Silvaner Spätlese ‚Alte Reben‘ 2012 zeigte Kraft und Komplexität, braucht aber Zeit zur Entwicklung. Und wohin der Weg für Daniel Then gehen kann, zeigte sein ‚Sponti‚. Mit Weinberg eigenen Hefen vergoren, brachte er die Feuersteinnoten der Rebsorte klar zum Vorschein. Fülliger Körper und ein mineralisch markantes Finale lassen ahnen, dass der Wein ein Langläufer wird. Das macht Spass und sollte Ansporn sein hier weiterzumachen.
Aus einer ganz anderen Ecke Frankens kommt das Weingut Dahms. Mit Schweinfurt verbindet man sicher vieles – aber keinen Wein. Dahms ist denn auch das letzte Weingut in der Kugellagerstadt. Und auf dem Weg nach vorn. Die Basisweine sind durch die Bank sauber, süffig, unkompliziert. Richtig spannend ist hier – schon wieder – der Müller-Thurgau 2012 Schweinfurter Peterstirn. Spontan vergoren, lag er bis zur Füllung auf der Hefe. Und hat im Glas so gar nichts vom MTH. Cremig, körperreich, Honignoten, mit tragender Säure. Ein Wein zum dekantieren und zum Reifen. Für den Preis eine echte Entdeckung! Beobachten sollte man auch das Weingut Höfling. Die aktuellen Weine sind noch keine wirklichen Aufreger, aber auch nicht verkehrt.
Cuvée H 2011, ein Weißburgunder aus dem kleinen Holz, der mit Körper, Schmelz und Länge überzeugte. Und bei Höfling hat man große Pläne. 8 ha im Gössenheimer Homburg konnte vom Bürgerspital gekauft werden. Zum Teil sind sie schon bestockt, weitere Neupflanzungen sollen folgen. Wenn die Reben alle voll im Ertrag stehen, dürfte Höfling mit gut 20 ha Rebfläche zu den Größeren in Franken zählen. Es wird interessant sein zu beobachten, was die Familie Höfling daraus machen wird. Auch aus den noch nicht wirklich schönen Etiketten.
Mein Resümee: Das hat richtig Spass gemacht. Die junge Generation der Franken – so vertreten – versteht ihr Handwerk und hat dazu Ideen. Das lohnt der intensiven Beobachtung. Und muss sich sicher nicht mehr hinter innovativen Regionen wie der Südpfalz oder Rheinhessen verstecken. Und wenn man dann noch in Rechnung stellt, dass Franken mit seiner Bierkultur ein Pfund hat, das genannte Regionen nicht bieten können, kann die Losung nur heissen: Gute Arbeit, Franken.